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Industrielle Teilereinigung mit Plasma

Eine saubere Sache

Veröffentlicht: Juni 2019
Magazin: JOT Journal für Oberflächentechnik – SPECIAL Industrielle Teilereinigung
Thema: Industrielle Teilereinigung mit Plasma
Autor: Corinna Little

An Funktions- und Verbindungsflächen ist die Sauberkeit entscheidend für die Qualität des Folgeprozesses wie Kleben, Beschichten oder Bedrucken. Als umweltfreundliche und inline-fähige Reinigungstechnologie bietet sich Atmosphärendruckplasma an.

Verunreinigungen auf Bauteilen können zu erheblichen Schwierigkeiten bei deren Weiterverarbeitung führen. Vor allem an Funktions- und Verbindungsflächen ist die Sauberkeit entscheidend für die Qualität des jeweiligen Folgeprozesses, wie Kleben, Lackieren, Beschichten oder Bedrucken. Nasschemische Reinigungsverfahren spielen hierbei allein historisch bedingt eine große Rolle, bekommen aber mittlerweile Konkurrenz von umweltfreundlicheren und inline-fähigen Alternativtechnologien, wie der Reinigung mit Atmosphärendruckplasma. Die Möglichkeiten dieser Technologie reichen von vollständig automatisierten Reinigungslösungen mit hohen Bearbeitungsgeschwindigkeiten bis hin zum flexiblen Einsatz an Handarbeitsplätzen.

Plasma, der sogenannte vierte Aggregatszustand, entsteht durch die energetische Anregung eines Gases. Bei atmosphärischen Bedingungen kann durch einen Lichtbogen Prozessgas in den Plasmazustand angehoben werden. [1] Ein Beispiel hierfür ist die Pulsed Atmospheric Arc Technology (PAA Technologie®), bei welcher der Lichtbogen zwischen zwei Elektroden durch die Vortex Strömung des Prozessgases stabilisiert wird.

Vergleich einer generierten Plasmaflamme im diffusen Betriebsmodus (links) und bei einer Lichtbogenübertragung auf eine geerdete Metalloberfläche.
Vergleich einer generierten Plasmaflamme im diffusen Betriebsmodus (links) und bei einer Lichtbogenübertragung auf eine geerdete Metalloberfläche.

Prozessgas auf Verunreinigungen abstimmen

Die Art der zu entfernenden Verunreinigungen ist maßgeblich für die Wahl des Prozessgases. Bei organischen Filmen, wie sie typischerweise durch vorangegangene Verarbeitungsschritte auf Bauteilen auftreten, sorgen die aktiven Sauerstoffspezies in einem atmosphärischen Druckluftplasma für die Oxidation der Organik. Gleichzeitig kommt es durch die Temperatur des Plasmas zur Sublimation bzw. zum Verdampfen von Rückständen auf der Oberfläche. Durch die geschickte Wahl der Prozessparameter kann die Prozesstemperatur in der Plasmaflamme über einen weiten Bereich von einigen 100°C bis über 1000°C eingestellt werden.

Auch dickere Schichten lassen sich entfernen

Die Temperatur des Lichtbogens selbst beträgt mehrere 1000°C, was im Betriebsmodus des sogenannten übertragenen Lichtbogens genutzt werden kann: Bei leitfähigen, geerdeten Substraten kann der Lichtbogen direkt auf die Oberfläche übertragen werden (s. Abb. 1). Durch die hohen Leistungsdichten in diesem Betriebsmodus können auch dickere Schichten von der Oberfläche entfernt oder bei höheren Geschwindigkeiten Metalloberflächen effektiv gereinigt und leicht angeraut werden. Dieser Betrieb einer sogenannten kathodischen Reinigung ist durch die Erzeugung des Lichtbogens durch unipolare Pulse möglich. Diese können in einem Bereich zwischen 40 und 64 kHz eingestellt werden, wodurch die kapazitive Einkopplung in die zu entfernende Schicht zusätzlich verbessert werden kann.

Effektive Entfernung zahlreicher Verunreinigungen

Stark oxidiertes und verschmutztes Bandmaterial, bestehend aus einer technischen CuAg Legierung. Im mittleren Bereich ist der Effekt einer reduzierenden Plasmabehandlung zu sehen.
Stark oxidiertes und verschmutztes Bandmaterial, bestehend aus einer technischen CuAg Legierung. Im mittleren Bereich ist der Effekt einer reduzierenden Plasmabehandlung zu sehen.

Aber auch im Standardbetrieb, in dem der Lichtbogen durch die Gas Strömung stabilisiert auf der geerdeten Düse brennt, können Oberflächen effektiv von einer Vielzahl von Verunreinigungen befreit werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Reinigung von Metallen vor dem Walzplattieren, wie es beispielsweise zur Herstellung von bimetallischen Streifen eingesetzt wird. Hierbei müssen die beiden metallischen Bindungspartner nicht nur frei von Öl- oder Schmierfilmen, sondern auch von Oxidschichten sein. Das Plasmabrush PB3 System kann durch die Gaszuführung am Erzeuger mit verschiedenen Prozessgasen betrieben werden.

So kann ein Druckluftplasma zunächst organische Verunreinigungen entfernen und mit demselben System im nächsten Schritt durch das Wechseln auf ein wasserstoffhaltiges Prozessgas, typischerweise Formiergas 95/5, eine Reduktion von Oxiden auf der Oberfläche erreicht werden.

Unterschiedliche Werkstoffe reinigen

Händische Bearbeitung eines ABS-Bauteils mit Atmosphärendruckplasma mit dem Piezobrush PZ2 zur Vorbereitung für eine Verklebung
Händische Bearbeitung eines ABS-Bauteils mit Atmosphärendruckplasma mit dem Piezobrush PZ2 zur Vorbereitung für eine Verklebung

Die Anwendungsgebiete des Atmosphärendruckplasmas erstrecken sich von der Reinigung metallischer Substrate über Gläser und Keramiken bis hin zu Naturmaterialien. Bei den meisten Polymeren kommt es bei der Behandlung mit Plasma zusätzlich zu einer sog. „Aktivierung“ der Oberflächen, bei der die Molekülendgruppen derart modifiziert werden, dass die Benetzung verbessert und Folgeprozesse optimiert werden können.

Die Erzeugung eines Lichtbogens mittels PAA Technologie® bedarf einer Aufnahmeleistung von knapp 1 kW. Aber auch im unteren Leistungsspektrum von 10 bis 30 W kann ein effektives Plasma durch die direkte elektrische Entladung an einem offen betriebenen piezoelektrischen Transformator (Piezoelectric Direct Discharge Technology – PDD Technologie®) erzeugt werden. Hierbei übersteigt die Temperatur des Plasmas 50°C nicht, was es zu einer optimalen Alternative für temperatursensitive Materialien und händische Feinstreinigungsprozesse macht.

Während bei nasschemischen Reinigungsverfahren die Entsorgung der teilweise gesundheitsgefährdenden Stoffe oftmals ein Problem darstellt, sind die „Abfallprodukte“ des Atmosphärendruckplasmas gasförmig bzw. flüchtig und können leicht durch entsprechende Anlagentechnik abgesaugt oder mittels Aktivkohlefilter neutralisiert werden.

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Teilautomatisierte Komplettlösung für die industrielle Teilereinigung mit Plasma ist das Hochleistungssystem Plasmacell mit kartesischem Achssystem integrierter Aktivkohlefiltereinheit.
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[1] Wolf, Rory A., Atmospheric Pressure Plasma for Surface Modification, Wiley, 2012


Den Originalartikel finden Sie hier.

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